Filmkritik „Mother!“

Ich versuche zwar jemand zu sein, der andere nicht kritisiert, aber der Film mother! hat es sich durchaus verdient, dass ich zumindest meine Meinung über ihn kund tue. Allen, die den Film unvoreingenommen ansehen wollen, muss ich raten, die Lektüre hier abzubrechen, weil ich keinen Eiertanz um Spoiler herum aufführen werde, denn es geht hier um den Inhalt des Films. Gleichzeitig würde ich davon abraten, diesen Film unvoreingenommen zu betrachten, denn er macht auch nach der letzten Szene erst dann Sinn, wenn man sich darüber informiert, was sich die Filmemacher dabei gedacht haben. Wer nicht gespoilert werden will, aber dennoch eine extrem kurze Erklärung zum Start des Films möchte, der möge den folgenden Bereich aufklappen, lesen, was darin steht und den Film anschauen.

Meinung nach dem Film

Ich hatte mir von der Vorschau des Films her nicht viel davon versprochen und wurde vom Film selbst in dieser Hinsicht auch nicht enttäuscht. Nach dem Film dachte ich, dass er wirklich schlecht und sinnlos war. Allerdings hat sich meine Meinung inzwischen geändert. Um das Fazit vorweg zu nehmen: Der Film ist durchaus sinnvoll und auch recht gut gemacht, aber ihm fehlt etwas, um dem Zuschauer die richtige Sichtweise zu vermitteln. Daher mein kleiner Spoiler oben. Mit diesen Informationen hätte ich den Film glaube ich mit ganz anderen Augen gesehen. Genau kann ich es nicht sagen, denn es gibt keine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu hinterlassen. Schade, dass der erste Eindruck ein Desaster war.

Meinung nach Recherche im Internet

Ich habe den Film mit einem Freund angeschaut. Er hat nach dem Film recherchiert und herausgefunden, was das alles sollte. Und wenn man sich das durch den Kopf gehen lässt, dann ist der Film durchaus empfehlenswert, aber nicht ohne die obigen Spoiler-Informationen und nicht, wenn man einen Horrorfilm, Actionfilm, Liebesfilm oder sonst etwas handelsübliches erwartet. Er ist nämlich nichts von alledem. Wer auf die Idee gekommen ist, ihn als „Horrorthriller“ zu bezeichnen, sollte sich vielleicht den Film anschauen. Es ist nämlich nicht wirklich etwas horrormässiges darin. Ok, vielleicht bin ich auch zu abgestumpft, aber der Film zeigt eigentlich nur die Entwicklung der Religion, des Glaubens und der Konsequenzen.

Deutung des Films aus meiner Sicht

Das Folgende beinhaltet lediglich das, was ich mir inzwischen dank meinem Freund, des Internets und meiner eigenen Gedanken zusammengereimt habe. Wenn ich also schreibe „Das war so und so“, dann bitte immer im Hinterkopf behalten, dass es nicht die absolute Wahrheit ist, sondern, dass ich mich da gewaltig irren kann 🙂 Trotzdem schreibe ich es so, als wäre es die Wahrheit. Da bin ich dann in Gesellschaft der Politiker und Priester ganz gut aufgehoben.

Im Film ging es um Gott (der Dichter), die Religion (die Ehefrau), die biblische Geschichte (verschiedene Personen und Ereignisse) und das, was die Menschen daraus gemacht haben. Anfangs stellt der Dichter einen Kristall in eine Fassung in seinem Zimmer. Das abgebrannte Haus, in dem er sich befindet wird grösstenteils wieder hergestellt und die Ehefrau erwacht zum Leben. Der Kristall ist die Liebe, die er aus der Vergangenheit retten konnte.

Dann sieht man den Alltag. Der Dichter hat eine Schreibblockade und seine Ehefrau restauriert das Haus, weil es noch nicht komplett wieder hergestellt ist. Sie hat immer wieder mal Kopfschmerzen, die sie mit einem Schmerzmittel aber in den Griff kriegen kann.

Später kommt dann ein Mann dazu. In der Bibel war das Adam. Ein sterblicher Mensch, der schon recht final daher kam und kurz darauf auch noch seine Ehefrau dazu holte, die dann natürlich Eva darstellte. Sie machen sich im Haus breit, weil der Dichter sie dazu einlädt, was der Ehefrau nicht wirklich passt, aber da er ja der Chef ist, lässt sie es zu. Wer streitet sich schon mit Gott? ^^

Adam und Eva zerstören den Kristall, was symbolisch für den Apfelbiss sein dürfte. Sie haben somit die Liebe von Gott verloren. Der verrammelt seine Tür, will da niemanden mehr reinlassen und ist recht ungehalten. Kurz darauf kommen noch die Kinder von Adam und Eva, was dann wie in der Bibel zum Brudermord führt. Die darauf folgende Trauerfeier füllt das Haus mit vielen Menschen, was der Dichter geniesst, weil er da eine Rede halten kann und im Mittelpunkt steht. Seine Ehefrau hingegen fühlt sich zunehmend unwohl mit den vielen Menschen, die recht gedankenlos in ihrem Haus wüten und ihr sogar die Renovierung abnehmen wollen, die doch ihre Arbeit ist. Für mich sieht das nach der Religion aus, die zunehmend verdrängt wird und dem weltlichen Gelage weichen muss (Sodom und Gomorrah). Die Sintflut wird dann auch noch durch einen Wasserrohrbruch versinnbildlicht, worauf der Dichter das Haus wieder räumt und somit alle Menschen von der Welt fegt.

Er und die Religion zeugen dann ein Kind. Der Dichter hat dann auf einmal die Erleuchtung und schreibt sein Meistwerk (die zehn Gebote oder die Bibel, Altes Testament). Das kommt bei den Menschen gut an und das Haus füllt sich dann wieder mit Menschen, die alle dem Dichter huldigen, der sich in seinem Ruhm sonnt und seine Frau immer beruhigt, dass die nur kommen, um ihm zu huldigen, was er Klasse findet. Die Frau fühlt sich wieder zunehmend unwohl und bei den Menschenmassen kommt es zu Krieg, Gewalt, Hinrichtungen und sonstigem Chaos. Sie kann von ihrem Mann kurz vor der Geburt noch in sein Privatzimmer gebracht werden, wo sie das Kind gebiert (Jesus). Die Menschen bringen ihnen Gaben für ihren Sohn und sie will ihn dem Dichter aber nicht aushändigen, weil sie Angst hat, was er aus ihm macht. Er soll nicht so werden wie sein Vater, schliesslich soll er der Gott des neuen Testaments sein.

Der Dichter nimmt ihn ihr dann weg, als sie schläft, worauf er von den Menschen geehrt, zerrissen und aufgefressen wird. Die Ehefrau sieht, was ihrem Sohn angetan wurde und wird wütend. Der Dichter nimmt sie in den Arm und will von ihr, dass sie ihnen vergibt, aber das kann sie nicht. Sie wird dann von den Menschen auch noch misshandelt, gedemütigt und verletzt. Deswegen flieht sie in den Keller, zündet das Haus an und vernichtet alles, was da ist. Am Ende nimmt Gott die Liebe für ihn, die noch in ihrem Herzen wohnt und macht einen Neubeginn mit einer neuen Religion.

Meinung nach einem Spaziergang

Wenn ich über etwas nachdenke, gehe ich gerne mal spazieren und lasse mir dieses und jenes durch den Kopf gehen. So tat ich es auch mit mother!. Vieles steht schon oben unter Deutung des Films aus meiner Sicht. Aber ein bisschen was kann ich noch dazu schreiben.

Das Haus im Film repräsentiert die Welt oder das Bewusstsein der Menschen in der Welt. Es lebt (das pulsierende Herz im Inneren, das die Religion immer fühlt, wenn sie die Wände berührt), aber das Pulsieren lässt immer mehr nach und das Herz versteinert nach und nach.

Die Kriegshandlungen, die während der Schwangerschaft der Religion (= Vorbereitung auf Jesus und Neues Testament) stattfinden, sind vermutlich die Kriege, die die Menschen seit jeher geführt haben und wohl auch immer führen werden, solange ihnen Macht und Geld wichtig sind.

Der angedeutet Kannibalismus, der in der westlichen Religion durch das Blut und den Leib Christi praktiziert wird, wird in diesem Film wortwörtlich umgesetzt. Jesus erlangt in dem Film ja nicht die schönen langen Haare und sein breites Kreuz sehen wir auch nicht, aber er wird wie in der richtigen Welt genommen, verdreht, zerbrochen, verinnerlicht und in die menschliche Gewaltkultur umgewandelt, die es Fanatikern ermöglicht, ihre Arbeit immer weiter voran zu treiben. Mein Freund hat sogar in der Menge „Allahu Akbar“ gehört, was sehr gut dazu passt.

Die Rede, die Gott hielt, als der Sohn vom Adam gestorben war, war eigentlich ziemlich bescheuert, fand ich. Leider ist es mir aufgrund mangelnder mnemonischer Fähigkeiten nicht möglich, den genauen Wortlaut zu rekonstruieren, aber als ich die Rede hörte, fand ich die weder tröstlich noch sinnvoll. Sie hat einen selbstverliebten Eindruck des Redners hinterlassen, der sich sehr viel mehr Tiefe einbildet, als vorhanden ist. Die Aussage war irgendwas in der Art „Könnt ihr seinen Schrei hören? Seid also nicht traurig, dass er tot ist“.

Was ich allerdings im Film dann im Nachhinein durchaus als beachtenswert empfand war, dass die Endaussage der Rede von einem wiederholt wurde, der gerade ein Stück Jesus gemampft hat und somit die mit dem neuen Testament überholten Aussagen aus der Zeit vor Jesus wieder zur Grundlage seines Handelns machte. Das wird auch gerne von Fanatikern praktiziert.

Was fehlt dem Film?

Meiner Meinung nach fehlt dem Film ein Rahmen. Etwa so wie bei dem Film Die Hütte oder Die Braut des Prinzen. Wer beide Filme kennt, wird mich vermutlich jetzt für etwas abgedreht halten, weil ich sie vergleiche, aber beide haben etwas, was mother! fehlt: eine Einleitung, die den ganzen Film in einen Kontext stellt und im Falle von Die Hütte einen Abschluss, der ein Aha-Erlebnis bringt, das gleichsam einer Zündschnur entlang des Films abbrennt und die Szenen, die man eben gesehen hat teilweise in ein anderes Licht setzt.

Dieses Aha-Erlebnis muss bei einem Film nicht unbedingt sein, aber mir gefällt sowas immer sehr. Das wäre aber bei mother! nicht nötig gewesen. Es hätte gereicht, dem Film zum Beispiel eine Diskussion zwischen zwei Menschen voran zu stellen, wo der eine dem anderen die Welt erklärt und das Gleichnis, das der Film darstellt in den richtigen Kontext setzt.

Ohne diese Einleitung ist der Film in der Tat verwirrend und sinnlos. So zumindest habe ich ihn empfunden, als ich ihn unvorbelastet angeschaut habe.

Fazit

Ich finde diesen Film durchaus sehenswert, weshalb er auch in meine Sammlung kommen wird. Allerdings kam ich zu dieser Erkenntnis erst durch die Recherche meines Freunde und nachdem ich länger drüber nachgedacht habe. Wer mit der Erwartung auf Action, Heldentaten, Special-Effects, Horrorszenen, rätselhaften Begebenheiten, erklärendem Schlussplädoyer oder sonstigen üblichen Erwartungen diesen Film sehen möchte, wird unweigerlich enttäuscht werden.

Wer aber gerne über das Leben, das Universum und den ganzen Rest nachdenkt, sich im Vorfeld des Films ein wenig über den Symbolismus erkundigt und gerne zum Nachdenken angeregt wird, dem kann ich den Film empfehlen.

Und noch eine Empfehlung hätte ich: Darren Aronofsky, lern Filme vernünftig aufzubauen und den Zuschauer für den Film zu interessieren!

Ein Film, der nur eine Botschaft hat und keinen Unterhaltungswert besitzt, ist kaum publikumsgeeignet. Er muss auch interessant und selbsterklärend sein. Wenn man einen Film erst dann versteht, wenn er einem erklärt wird, fehlt dem Film eindeutig etwas. Und wenn der Film ohne Erklärung nur ein Sammelsurium seltsamer sinnlos aneinandergehängter Szenen zu sein scheint, dann sollte man sich als Produzent, Regisseur oder Schnittmeister durchaus mal Gedanken über das machen, was man dem Publikum vorsetzen möchte.