S(ch)ein

Herr Sein der dachte eines Tages:
„Ich bin was ich bin und mag es.
Doch wär es möglich mehr zu sein?
Ich glaube wirklich, das wär fein!“

Er schaute sich sein Leben an,
und setzte sich dann nächtens dran,
bemühte Phantasie zu Hauf
und schönte seinen Lebenslauf.

Mit diesem und sehr stolzer Brust
bewarb er sich ganz selbstbewusst,
bekam den Job und strahlte sehr,
denn so verdiente er gleich mehr.

Die Arbeit war nicht wirklich leicht,
er mühte sich, dass er erreicht,
was lebensläufig er beschrieb,
doch leider sehr viel liegen blieb.

So kam es wie es kommen musst‘,
ihm wurde ziemlich schnell bewusst,
dass er nur dann die Arbeit schafft,
wenn er verdoppelt seine Kraft.

So gab er Gas, auch in der Nacht,
und hat es wirklich hingebracht,
dass er die Arbeit fertig stellt –
doch leider hat ihm was gefehlt.

Nicht von der Arbeit, die war gut,
doch schwamm davon der Lebensmut.
Er war müde, kaum zu brauchen,
man sah von fern die Birne rauchen.

Da musste er sich eingestehen
„So kann es doch nicht weitergehen.
Ich kriech zu Kreuze und ich sag:
Den alten Job ich lieber mag.“

Sein Chef, ein wirklich netter Mann,
nahm die Kreuzeskriechung an,
gab ihm seinen Job, den alten,
und half ihm, diesen zu behalten.

Herr Sein hat nun für sich erkannt,
„Ein Schein zu sein, das ist riskant,
ich bleibe lieber, was ich bin,
Zufriedenheit ist ein Gewinn!“

Und so zufrieden wie er war,
wurde seinem Chef bald klar,
dass er ihn doch fördern könne,
damit an Nutzen er gewönne.

So stieg Herr Sein dann langsam auf
und es wuchs sein Lebenslauf
mit dem, was er wirklich kann.
Zufrieden kam Herr Sein voran.

Und so dachte sich Herr Sein
„Folgendes präg ich mir ein:

Wenn Du das tust, was Du magst,
ehrlich bleibst und nicht verzagst,
Du zufrieden bist im Leben –
was Schöneres kann es nicht geben!“

Spaziergang

Die Sonne scheint, der Himmel bläut.
Das ist ein Wetter, das erfreut.
So dachte ich bei mir allein:
„Spazieren gehen wäre fein!“

Den Schuh geschnürt, das T-Shirt an,
so läuft er los, der Wandersmann.
Die Sonne strahlt, das tut er auch
und hat nicht mal Uran im Bauch.

Er wandert fröhlich vor sich hin,
die Schönheit der Natur im Sinn.
Dort läuft ein Reh, ein Hase hoppelt,
die Hummel summt, der Acker stoppelt,
der Habicht kreist, die Blume blüht,
das Füchslein pirscht, die Feldmaus flieht.

Nach einer Weile kehrt beglückt
der Wanderer nach Haus‘ zurück.
Die Eindrücke, die er gewonnen,
sind ihm wirklich gut bekommen.

Erneut denk ich bei mir allein:
„So ein Spaziergang, der ist fein.
Vielleicht schaff ich, der faule Sack,
dass ich es wirklich eimmal pack,
und nicht nur einfach sitzen bleib
und darüber Gedichte schreib.“

Wortspiele

Ein Wort ist stets bedeutungsvoll,
weil es etwas sagen soll.
Doch manchmal kann es auch geschehen,
dass wir die Worte falsch verstehen.

Bei manchen fragt man sich alsbald:
„Was war der wahre Wortgehalt?“

Wenn man den Geist dann etwas streckt,
wird ab und an ein Sinn entdeckt,
der vorher nicht zu sehen war.
Doch fragt man nach, dann wird er klar.

Ist ein Bote stets geschickt?
Steht was falsch – ist es verrückt?

Sind viele Öfen eine Herde?
Ist inhaltlos mancher Gelehrte?

Hat falsch gerühmt, wer sich verlobt?
Kann schwimmend laufen ein Gebot?

Sind Hennen eigentlich Legende?
Hat der Klatschmohn denn auch Hände?

Gehts nach der Hochzeit nur bergab?
Ob ich im Frontal Arbeit hab?

Sind Ballerinas Killerinnen?
Kann der Farfalle man entrinnen?

Ist Kuchen wohl ein kleines Rind?
Ist buchen eines Geistes Kind?

Man kann die Worte mehrfach nutzen,
sie verlängern oder stutzen,
kann sie verdrehen oder nicht –
und damit endet dies Gedicht.

Das unscheinbare Ding

In uns, da gibts ein zartes Ding,
nicht aufzufinden in uns drin.
Kein Auge kann es jemals sehen,
kein Mikroskop kann es erspähen.

Das zeigt uns auch kein EKG,
noch findet es eine CT.
Kein Röntgenstrahl lässt es erstrahlen
kein Tomograph kann es je malen.

Und doch kann man es in sich spüren,
es manchmal streicheln und berühren,
ihm Gutes tun und es erbauen,
ja, manchmal in sein Antlitz schauen.

Man kann’s auch quälen und verletzen,
es zerreissen und zerfetzen.
Narben bleiben immer da,
wenn es mal zerbrochen war.

Drum achte drauf, es nicht zu stressen,
es nicht in eine Form zu pressen,
es nicht zu treten oder schlagen
ihm nicht die Freiheit zu versagen.

Versuch auch nicht ihm zu befehlen,
ihm Deine Wünsche zu verhehlen,
ihm einen Käfig zu verpassen,
denn es will lieben und nicht hassen.

Es findet sich in jedem Leben,
es will nicht nehmen, sondern geben,
es schöpft aus einer tiefen Kraft,
die Liebe gibt und Leben schafft.

Und dieses unscheinbare Ding,
von dem hier stets die Rede ging,
das, was die Freunde Dir stets wähle,
das ist dieses – Deine Seele.

Der Peptimist

Schlechtes Wetter, Schnee und Regen –
„Darauf liegt bestimmt kein Segen!“

Die Sonne scheint, die Vögel singen –
„Was kann so ein Tag schon bringen?“

Heisser Tag und sanfte Brise –
„Ist’s ein Wunder, wenn ich niese?“

Kühler Tag und klare Sonne –
„Die Kälte ist wohl keine Wonne!“

So sieht ein Pessimist die Welt.
Was er auch sieht, ihm gleich missfällt.

Doch nicht nur sieht er Schattenseiten,
er kann die Sicht auch sehr gut leiden.

Denn „leiden“, das ist seine Freude,
Katastrophen seine Beute.

Der Optimist, sein Gegenpol,
fühlt sich auch bei Regen wohl.

Er freut sich über Sonnenschein,
und findet Schneegestöber fein.

Er sieht die Sonne hinter Wolken,
weiss, dass helle Tage folgen.

Wie am Geldstück die zwei Seiten,
so verhalten sich die beiden.

Was der eine gleich erkennt,
ist dem and’ren völlig fremd.

Ich nehm gern die dritte Seite,
nicht extrem, so wie sie beide.

Ich seh die Sonne hinter Wolken,
seh der Sonne Regen folgen,
seh im grössten Glück den Schmerz,
seh im Elend Trost fürs Herz,
seh den Kratzer in dem Lack,
seh die Schönheit in dem Wrack.

Ich lasse mich nicht gern verleiten
auf eine dieser Münzenseiten,
stehe lieber auf dem Rand,
bin als Peptimist bekannt.

Miss Verständnis

Wenn der Kontext eines Wortes
nicht mehr klar umrissen wird,
ist Miss Verständnis unser Model,
das die Deutung präsentiert.

Nimmt man Fussball als den Kontext,
dann ist wohl sehr vielen klar,
was im Folgenden der Worte
wirkliche Bedeutung war.

Doch gelöst aus der Umgebung
fliegen Worte vogelfrei
und wenn man sich Mühe gibt,
ist auch etwas Spass dabei.

Tore fallen, das freut jeden,
der von Fussball was versteht,
nur für Pförtner ist’s bedenklich,
wenn’s um Eingangspforten geht.

Bandenwerbung wird geschaltet
für des Sponsors Marketing,
doch wenn Räuber rekrutieren
kommt das Wort auch ganz gut hin.

Doppelpässe sind gefährlich,
kommt der Ball im Torraum an,
doch bei Wahlen sind sie günstig
weil man zweimal wählen kann.

Flügelspieler sind wie Künstler,
wenn der Ball den Fuss berührt,
das Klavier wird von demselben
lieber mit der Hand geführt.

Bananenflanken fliegen Bögen
bringen einen Drall ins Spiel.
Für die Seiten einer Südfrucht
ist das Wort schon fast zu viel.

Der Anschlusstreffer freut den Fan
wenn die Mannschaft hinten liegt,
wird ein Telefon erschossen,
ist das selten sehr beliebt.

Das Jonglieren mit den Worten
hat mir manchen Spass beschert,
und hat jemand hier geschmunzelt,
war es das auch wirklich wert.

Konkurrenz

Geld ist wichtig,
Geiz ist richtig,
immer raffen,
Werte schaffen!

Mehr erreichen,
über Leichen
musst Du gehen
und bestehen!

Immer mehr
muss ständig her
stetig wachsen
keine Faxen!

So gehen viele durch die Welt,
wollen Kohle, Knete, Geld,
sind betrübt, wenn ihnen mangelt
was der Nachbar hat geangelt.

Sind sehr stolz auf das Erreichte,
wenn Gewissen, dann halt Beichte,
doch es geht beständig weiter
manchmal trüb und manchmal heiter.

Konkurrenz ist unser Leben,
man muss immer alles geben,
muss die ander’n übertrumpfen
darf auf keinen Fall mal schrumpfen!

Das wird vielen früh gelehrt
„Sei der Beste, sei was wert!
Andere sind nur Rivalen
lass am Besten sie bezahlen!“

Doch im Laufe eines Lebens
sinkt der Wert des Höherstrebens,
wird man ruhiger und gesetzter
ist nicht ständig ein Gehetzter.

Hat so einiges erreicht,
manches schwer und manches leicht,
hat was auf der Habenseite
manchmal ist man halt auch Pleite.

Doch im Grunde wird dann klar,
das, was wirklich wichtig war,
ist persönlich sehr verschieden
doch sehr viel ist nicht geblieben.

Ein, zwei Dinge gibt es dann,
die man nicht verlieren kann,
ohne die der Spass rasch schwindet,
wenn man sie bei sich nicht findet.

Glück hat der, der früh erkennt,
was für ihn den Wert benennt,
was er selbst für wichtig hält
unabhängig von der Welt.

Finde raus, was wichtig ist,
nicht was alle sagen,
sondern was Dich glücklich macht
auch an trüben Tagen.

Sei Dir treu und steh dazu,
was Dir gut erscheint,
lass die Konkurrenz in Ruh,
auch wenn sie dann weint.

Fresadora

Der Hamster nagt mal dort mal hier,
denn er ist ja ein Nagetier.
Und die Maus schleift gern den Zahn,
weil auch sie gut nagen kann.

Die meisten Nager sind recht klein,
wollen auch nicht grösser sein.
Und selbst der Biber, glaubt es mir,
ist nicht das grösste Nagetier.

Ich weiss genau, was ich hier sage,
weil ich es für ein paar Tage
unter meiner Obhut hatte
und es war auch keine Ratte.

Ronja heisst das Nagetier
über das ich hier parlier.
Es ist kein Biber, keine Maus
und sieht auch nicht nach Hamster aus.

Sie ist ein kleiner, süsser Hund,
eher länglich und nicht rund,
spitze Schnauze, dichtes Fell,
Rücken dunkel, Pfoten hell.

Und die spitze Schnauze hat
spitze Zähne, und zwar satt!
Die fräsen sich in alles rein,
mag es auch unfräsbar sein.

Hundespielzeug lebt nicht lang,
hat sie es erst mal im Fang,
sie zerlegt mit grosser Eile
alles in die Einzelteile.

Stofffiguren, Gummibälle
schreddert sie auf alle Fälle,
Gummitiere killt sie auch,
holt die Füllung aus dem Bauch.

Eines hab ich doch gefunden,
was sie nicht hat ganz zerschunden,
eines konnte spielbar bleiben,
so konnt‘ ich ihr die Zeit vertreiben.

Und dieser eine Sonderfall
ist einfach nur ein Tennisball.
Zwar geschält und nicht ganz rund,
aber der gefällt dem Hund.

Und so kann man sie beglücken,
tut man nach dem Ball sich bücken,
sie springt rum und freut sich dann,
wenn sie das Bällchen holen kann.

Ronja ist ein kleiner Hund,
treibt es manchmal auch recht bunt,
fräst die Möbel wie sie mag
und ist süss den ganzen Tag.

Und weil sie aus Spanien stammt,
ist dies Gedicht nach dem benannt,
was sie liebt und was sie tut,
Fresadora passt da gut.

Blockade

Schreiben ist die hohe Kunst
Worte zu Papier zu bringen,
doch manchesmal da will es mir
auch mit Druck nicht recht gelingen.

So manches Wort nehm ich gern wörtlich,
zerlege es und schau mir an,
was die Einzelteile sagen,
wie ich sie arrangieren kann.

Doch es gibt Zeiten, so wie jetzt,
wo mir nichts geraten will,
weshalb ich diese Zeilen hier
mit sinnentleertem Inhalt füll.

Ich finde so eine Blockade – schade.

Ich gebe selten Hoffnung auf,
lass meistens allem seinen Lauf,
doch manchmal muss ich mich bezwingen,
Gereimtes zu Papier zu bringen.

Doch will den Leser ich belohnen,
der den Weg bis hierher ging,
und so schreib die letzten Worte
ich zum Abschied auch noch hin:

Tut das Scheiden auch mal weh,
sag ich doch gern dem Block Ade.

Realasie

Realismus bleibt am Boden,
läuft dort immer stur gradaus.
Zurückzublicken ist verboten,
vorauszuschauen ist ein Graus.

Phantasie fliegt durch die Lüfte,
schaut voraus, sieht Möglichkeiten,
schnuppert längst vergangne Düfte,
will nicht auf dem Boden bleiben.

Realismus denkt „Was soll das?
Sinnlos durch die Luft zu fliegen.
Das find ich schon ziemlich krass,
weil unten doch die Fakten liegen!“

Phantasie ruft plötzlich „Obacht!
Ich seh was auf Deinem Weg,
Weiter vorne ist ein Schacht,
geh nach links, da ist ein Steg!“

Realismus tut verstört,
wie die Phantasie ihm sagt,
und er findets unerhört,
weil ihn stets ein Zweifel plagt.

Als er dann den Steg erreicht,
und den Schacht sieht, den er mied,
bedankt er sich bei ihr sogleich,
weil sie ihm das Loch verriet.

Phantasie fliegt hoch und heiter,
als ein Wind sie jäh erfasst
und er zerrt sie immer weiter,
was ihr überhaupt nicht passt.

Realismus sieht das Elend
und nimmt schnell das Seil zur Hand
das er bei der letzten Panne
mit der Phantasie verband.

Dieses zieht er hurtig ein,
holt die Phantasie herab.
Sie zittert etwas, wirkt ganz klein,
dankt dem Retter nicht zu knapp.

So machen beide ihren Weg,
von der Wiege bis zum Sarg,
die eine fliegt, der and’re geht,
und zusammen sind sie stark.